|
(Gestriger Tagesbrief vom )
|
|
Liebe Freundin, lieber Freund, |
|
Individualität ist die Voraussetzung dafür, sozial integrativ sein zu können. Sich selbst zu erkennen und wertzuschätzen, ist notwendig, um den anderen in seiner Individualität erfassen und wertschätzen zu können. Das heißt ganz einfach: Du kannst erst dann liebend annehmen, wenn du dich selbst liebend annehmen kannst. So verstanden, ist Individualität nicht Abtrennung, sondern Annäherung. Erst wenn du dir selbst als Mensch innerlich ganz nahe bist, kannst du anderen nahe sein und dich einfühlen. Individualität ist also nichts Egoistisches, sondern etwas Altruistisches. Sich selbst zu lieben ist nicht narzisstisch, sondern die Voraussetzung für die Offenheit der Liebe. Individuation öffnet für die Individualität des anderen. Gerade das Andersartige des anderen gewinnt dadurch an Bedeutung - der andere darf anders sein, die Trennung wird aufgehoben. Nur durch Individualität wird das Trennende neutralisiert, denn wenn ich nicht selbstorientiert (authentisch) bin, sondern fremdbestimmt, kämpfe ich gegen alles, was anders ist. Fremdbestimmtheit trennt mich, weil sie über die Ratio läuft - und Ratio kennt nur die Unterscheidung nach ja oder nein, plus oder minus. Die Emotionalität dagegen ist integrierend. Individuation - und das scheint dem Verstand paradox - verbindet, obwohl sie abgrenzt. Fremdbestimmung dagegen trennt, obwohl sie sich nach außen hin so gibt, als vereine sie. Das ist nicht leicht zu erfassen. Wir dürfen eben nicht nur rational analysieren, sondern müssen die Seele mit einbeziehen. Es geht um >Erkenntnis<, nicht um bloßes Verständnis; es geht um Psychologik, nicht um Logik.
|
|
Herzliche Grüße
- bis morgen
|
|