Jeder neue Tagesbrief setzt den gestrigen und vorgestrigen Brief fort.
Wenn Sie heute neu auf diese Seite kommen, fehlt Ihnen mitunter der
Zusammenhang, der stellt sich aber nach ein bis zwei weiteren Briefen
morgen und übermorgen ein.



(Gestriger Tagesbrief vom )

Liebe Freundin, lieber Freund,

du bist aber ein lebendiges Wesen, und neben deiner körperlichen Existenz, die naturwissenschaftlich als chemisch-physikalischer Prozess analysiert und beschrieben werden kann, führst du als Lebewesen darüber hinaus ein seelisches Leben, und dazu gehören neben der reinen Physiologie und Rationalität glücklicherweise auch Emotionalität und Sensibilität. Anderenfalls wäre Liebe nicht möglich. Ein Computer funktioniert entweder richtig oder falsch, aber er verliebt sich nicht, denn er verfügt nicht über die Dimension der Emotionalität. Der Computer ist ein Werkzeug für unsere Rationalität, und so hat dieses Instrument sonst keine Bedeutung für unser Menschsein. Wenn ich sage, gehe in dich und erfahre deine Seele, dann hat das, völlig unabhängig von deinen Studienzeiten und deinen beruflichen Aufgaben, den Sinn, dich aus dieser oberflächlichen Welt der Leistung und Funktion auf deine eigentlichen Aufgaben als Mensch hinzuweisen.

Ein Leben ohne Verliebtsein in das Leben hat wenig Sinn, ist ein oberflächliches Existieren ohne wirklichen Reichtum. Deshalb ist die Erforschung der eigenen Seele kein Rückzug in ein Schneckenhaus, sondern führt zu den Quellen des Menschseins, zu deiner Sensibilität und deiner Fähigkeit, mitzufühlen und zu lieben. Wenn du dich mit dieser elementaren seelischen Basis zu befassen beginnst, wirst du feststellen, dass Verliebtheit nichts Besonderes ist, sondern ganz selbstverständlich zur Emotionalität und Sensitivität dazugehört. Liebe ist das Lebensgefühl des beseelten Lebewesens, ist Befreiung aus der Funktion der physiologischen Gesetzmäßigkeiten und auch aus den Strukturen der Rationalität, in denen wir uns so leicht verfangen.
Herzliche Grüße
- bis morgen